Mittlerweile sollte es sich in der Ärzteschaft wie auch unter Steuerberatern herumgesprochen haben: Ärzte sind nicht generell von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Wie verhält es sich bei Schönheitsoperationen? Dieser Beitrag beantwortet Ihre Fragen.
Wer Leistungen anbietet, die nicht medizinisch indiziert sind, muss im Rahmen der Abrechnung die dafür fällige Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Doch wie funktioniert die Umsatzsteuerzahlung genau? Und wie rechnen Schönheitschirurgen korrekt nach der GOÄ ab?
Grundlagen: Wann sind Schönheits-OPs umsatzsteuerpflichtig?
Grundsätzlich unterliegt jede Leistung, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausführt, gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Unternehmer ist dabei jeder, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, § 2 Abs. 1 UStG. Deshalb sind auch Ärzte, Zahnärzte und andere Heilberufler Unternehmer. Nun ist aber in § 4 Nr. 14 lit. a UStG für die Heilberufe eine Ausnahme der Umsatzsteuerpflicht vorgesehen. Nach dieser Ausnahme sind die Umsätze von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Wer also in seiner Arztpraxis ausschließlich Heilbehandlungen an Menschen durchführt, zahlt keine Umsatzsteuer. Doch was ist eine Heilbehandlung? – Eine Heilbehandlung ist nur dann gegeben, wenn sich die Maßnahme auf eine konkrete, im individuellen Fall bei dem Patienten identifizierte oder identifizierbare Gesundheitsstörung bezieht. Die Behandlung muss also medizinisch indiziert sein. Ist sie das nicht, liegt auch keine Heilbehandlung vor. Damit greift die Ausnahme des § 4 Nr. 14 lit. a UStG nicht und die Maßnahme wird umsatzsteuerpflichtig. Weitere Ausnahmen in Bezug auf die Umsatzsteuer haben wir im Beitrag zum Reverse-Charge-Verfahren aufgelistet.Umsatzsteuerpflicht für kosmetische Behandlungen
Eingriffe aus der ästhetischen Chirurgie sind nur in den wenigsten Fällen medizinisch indiziert. Sie dienen zumeist nur der Ästhetik und beziehen sich nicht auf eine identifizierte oder identifizierbare Gesundheitsstörung. Deshalb sind auch kosmetische Behandlungen in der Regel umsatzsteuerpflichtig. Das heißt, dass Sie im Normalfall bei der Abrechnung der Leistung die dafür fällige Umsatzsteuer berechnen und diese dann an das Finanzamt abführen müssen.Umsatzsteuerfreiheit bei medizinischer Indikation
Doch es gibt auch schönheitschirurgische Eingriffe, die unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 lit. a UStG fallen und damit von der Umsatzsteuer befreit sind. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Eingriff im konkreten Fall medizinisch indiziert ist. Denkbar ist dies zum Beispiel in Fällen, bei denen der Ist-Zustand des Patienten eine Gesundheitsstörungdarstellt oder der Patient derart unter einer Entstellung leidet, dass ein kosmetischer Eingriff notwendigwird. Im Folgenden haben wir ein paar der häufigsten Beispielsfälle aus der Praxis für Sie aufgelistet:- Eine Brustverkleinerung kann dann medizinisch indiziert sein, wenn die Größe der Brust Rückenprobleme bei der Patientin verursacht.
- Eine Nasenkorrektur wird notwendig, wenn der Patient durch die Fehlstellung erhebliche Atemprobleme erleidet.
- Eine Vergrößerung der Brüste kann dann notwendig sein, wenn die Patientin sie durch ein Krebsleiden vollständig verloren hat.
- Hat die Fettleibigkeit eines Patienten krankhaften Charakter, kann auch eine regelmäßige Fettabsaugung medizinisch indiziert sein.
Richtig abrechnen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
Ist der kosmetische Eingriff nicht medizinisch indiziert, müssen Sie ihn direkt mit dem Patienten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen. Schauen Sie sich, wenn Sie zur GOÄ-Abrechnung noch Fragen haben, diesen Beitrag noch einmal an, bevor Sie weiterlesen. Im Anschluss möchten wir auf die Besonderheiten der Abrechnung kosmetischer Leistungen eingehen und Ihnen die relevanten Ziffern der GOÄ erläutern.GOÄ-Ziffern für kosmetische Eingriffe
Im Gebührenverzeichnis der GOÄ findet sich unter den Ziffern 2000 bis 3321 der Abschnitt Chirurgie, Orthopädie. Der Großteil der abrechnungsfähigen kosmetischen Leistungen ist in diesem Abschnitt einer Ziffer zugeordnet. Natürlich können wir schon aus Gründen des Umfangs in diesem Beitrag nicht alle denkbaren Ziffern auflisten. Dennoch möchten wir Ihnen einen weiteren Überblick der relevantesten Ziffern geben und die wichtigsten beim Namen nennen:- In Abschnitt II (Ziffern 2029 bis 2093) findet sich die Extremitätenchirurgie. Eine wichtige Leistung für die plastische Chirurgie ist hieraus z.B. die “Operation einer Hand- oder Fußmissbildung” in Ziffer 2067.
- Abschnitt VII (Ziffern 2380 bis 2454) umfasst Leistungen aus der Chirurgie der Körperoberfläche. Hierunter fallen unter anderem Hauttransplantationen, z.B. Ziffer 2381, sowie die Entfernung von Geschwülsten (Ziffern 2403 ff.), Narben (Ziffer 2441) oder Fettgewebe (Ziffern 2452, 2454).
- In Abschnitt IX (Ziffern 2620 bis 2732) sind die Leistungen der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgieaufgeführt. Kieferkorrekturen finden sich so bspw. in den Ziffern 2640 und 2642, die Reposition eines Zahnes in Ziffer 2685.
Analogziffern bilden und abweichende Gebührenhöhen vereinbaren
In der plastischen Chirurgie ist es wie in kaum einem anderen Fachgebiet nötig, für die Abrechnungen der Leistungen Analogziffern zu bilden, denn die GOÄ umfasst bei weitem nicht alle denkbaren schönheitschirurgischen Eingriffe. Die Möglichkeit der Bildung von Analogziffern ist in § 6 Abs. 2 GOÄ geregelt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die GOÄ-Ziffer und die durchgeführte Leistung gleichwertig sind. Das ist der Fall, wenn sie nach ihrer Art, ihrem Kosten- und ihrem Zeitaufwand einander entsprechen.- 2 GOÄ verschafft Ihnen die Möglichkeit, nach persönlicher Absprache mit dem Patienten eine von der GOÄ abweichende Gebührenhöhe zu vereinbaren. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn der Eingriff außergewöhnlich kompliziert ist oder z.B. besonders hochwertige Implantate eingesetzt werden.
Fazit zur Abrechnung in der Schönheitschirurgie: Das richtige Konzept macht den Unterschied
Wer in seiner Praxis schönheitschirurgische Leistungen anbietet, wird für diese in vielen Fällen umsatzsteuerpflichtig sein. Die für die von Ihnen erbrachte Leistung fällige Umsatzsteuer nehmen Sie gewissermaßen stellvertretend für das Finanzamt vom Patienten entgegen. In regelmäßigen Abständen muss die von den Patienten gezahlte Umsatzsteuer dann an das Finanzamt abgeführt werden. Diese Umsatzsteuerpflicht darf nicht übersehen werden. Doch mithilfe eines individuellen Abrechnungskonzeptes lässt sich auch bei umfangreichen Behandlungen der Überblick behalten. Fragen Sie uns gern dazu! Paschhoff & Partner kann bei der rechtlichen und steuerlichen Beratung im Gesundheitswesen auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Wir freuen uns, Sie bei der Erstellung Ihrer persönlichen Abrechnungsstrategie begleiten und unterstützen zu dürfen. Als Experten im Gebührenrecht stehen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte Ihnen beim Praxismanagement gern zur Seite. Vereinbaren Sie dazu einfach einen persönlichen Beratungstermin in unserer Kanzlei.Das könnte Sie auch interessieren
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