Praxisnachfolge: Sonderbetriebsvermögen nicht vergessen

Viele Arztpraxen sind als Personengesellschaften ausgestaltet. Neben der einfachen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erfreut sich heute vor allem die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) großer Beliebtheit. Für solche Personengesellschaften kann das sogenannte Sonderbetriebsvermögen (SBV) haftungs- und steuerrechtlich von großer Bedeutung sein. Vor allem aber drohen vom SBV Gefahren. Wird es bei der Praxisnachfolge vergessen, kann das zu erheblichen Problemen führen. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen das Sonderbetriebsvermögen vor und erklären dessen immense Bedeutung im Gesellschafts- und Steuerrecht. Außerdem geben wir Ihnen wertvolle Tipps für Ihre Praxisnachfolge.

Grundlagen: Was ist das Sonderbetriebsvermögen?

Das Sonderbetriebsvermögen (SBV) ist einer der zentralen Begriffe im Unternehmenssteuerrecht. Um zu verstehen, was SBV bedeutet und wo es einzuordnen ist, müssen wir zunächst einige Oberbegriffe klären.

Stellung und Bedeutung des Sonderbetriebsvermögens im Unternehmen

Wenn mehrere Personen zusammen ein Unternehmen gründen wollen, können sie aus verschiedenen Gesellschaftsformen wählen, um sich zu organisieren. Man unterscheidet zwischen Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG oder KG) und Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH oder AG). Im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen zwischen der eigenständigen Gesellschaft und ihren Gesellschaftern strikt getrennt wird, stehen bei den Personengesellschaften die Gesellschafter selbst im Mittelpunkt. So ist es auch bei den meisten Arztpraxen, die als GbR oder PartG geführt werden. Die einzelnen Gesellschafter werden im Steuerrecht Mitunternehmer genannt. Der Zusammenschluss aller Mitunternehmer heißt daher Mitunternehmerschaft. Umgangssprachlich würde man wohl von einer Gemeinschaftspraxis sprechen und im Zulassungsrecht ist das eine (ggf. überörtliche) Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Das Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft teilt sich in notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen auf. Und neben diese Formen des Betriebsvermögens tritt nun das Sonderbetriebsvermögen. Das SBV zeichnet sich dadurch aus, dass die Vermögensgegenstände zwar im Eigentum eines oder mehrerer Mitunternehmer stehen, der Gesellschaft aber zur Nutzung überlassen werden. Zur Ermittlung des Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft muss das SBV in einer Sonderbilanz oder Sonder-Einnahmen-Überschussrechnung ausgewiesen werden.

Zwei Arten: Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II

Um zu entscheiden, ob ein Wirtschaftsgut zum Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gezählt werden kann, unterscheidet man zwischen dem Sonderbetriebsvermögen I und dem Sonderbetriebsvermögen II. Zum Sonderbetriebsvermögen I gehören Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen. Beispiel: Mitunternehmer A ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Einen Teil des Gebäudes überlässt er der aus A, B und C bestehenden Mitunternehmerschaft zur Nutzung als Arztpraxis. Zum Sonderbetriebsvermögen II werden dagegen die Wirtschaftsgüter gezählt, die der Begründung oder Stärkung der Beteiligung eines Mitunternehmers an der Personengesellschaft dienen. Beispiel: Um seinen Anteil an der Mitunternehmerschaft zu finanzieren, musste B ein Darlehen bei einer Bank aufnehmen. Das Darlehen selbst wird dann zum Teil des Sonderbetriebsvermögens II.

Haftungs- und steuerrechtliche Auswirkungen des SBV

Nun stellen Sie sich vielleicht die Frage, wozu die Einteilung solcher Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen überhaupt relevant ist. Eine detaillierte Aufstellung des Betriebsvermögens ist Voraussetzung für die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns der Gesellschaft. Würde man jetzt die im Alleineigentum der Gesellschafter stehenden Wirtschaftsgüter – die de facto aber zu einem erheblichen Teil von der Gesellschaft genutzt werden – nicht zum Betriebsvermögen zählen, so würde die Bilanz des Unternehmens verfälscht. Gleiches gilt übrigens für Unternehmen, die nicht bilanzieren, sondern ihren Gewinn durch eine sogenannte Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Die Einteilung der Wirtschaftsgüter in das SBV hat auch haftungsrechtliche Auswirkungen, die für die Mitunternehmerschaft von Vorteil sein können. So stehen die Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen, die ja Eigentum des Mitunternehmers sind, den Gläubigern der Gesellschaft jedenfalls nicht unmittelbar als Haftungssubstrat zur Verfügung. Auch in steuerrechtlicher Hinsicht kann es sinnvoll sein, bestimmte Wirtschaftsgüter aus dem Privatvermögen der Mitunternehmerschaft zur Nutzung zu überlassen und sie so zum SBV zu machen. Wird zum Beispiel ein Fahrzeug aus dem Eigentum eines Mitunternehmers der Gesellschaft zur Nutzung zur Verfügung gestellt und so zum Teil des (Sonder-)Betriebsvermögens gemacht, so sind sämtliche Kosten des Fahrzeugs als (Sonder-)Betriebsausgaben abzugsfähig. Ein solches Vorgehen kann für Unternehmen vorteilhaft sein, die ihren zu versteuernden Gewinn senken wollen, um so ihre Steuerlast zu mindern.

So planen Sie Ihre Praxisnachfolge!

Bei der Planung Ihrer Praxisnachfolge sollte das SBV besonders beachtet werden. Denn wird es übersehen, kann das zu schweren (steuer-)rechtlichen Nachteilen für Sie, die Praxis oder Ihren Nachfolger führen. Wenn die für die Übertragung von Mitunternehmeranteilen vorgesehenen steuerlichen Begünstigungen wahrgenommen werden sollen, muss grundsätzlich der gesamte Mitunternehmeranteil an den Erwerber übergehen. Geschieht das nicht, wird ein möglicher Gewinn nicht privilegiert besteuert. Relevant ist dieser Grundsatz insbesondere für die erbschaftssteuerrechtlichen Vorteile der §§ 13a und 13b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sowie für die Buchwertfortführung aus § 6 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG). In diesen Fällen sollte bei der Praxisnachfolge darauf geachtet werden, neben dem Mitunternehmeranteil auch das gesamte Sonderbetriebsvermögen des ausscheidenden Gesellschafters auf den Erwerber zu übertragen. Denn eine privilegierte Veräußerung des Mitunternehmeranteils liegt nur dann vor, wenn dabei auch alle wesentlichen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens auf den Erwerber übertragen werden, und zwar in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung. Eine Ausnahme besteht hier nur für solche Wirtschaftsgüter, die für die Gesellschaft nur eine untergeordnete wirtschaftliche Rolle spielen. Dies wird beispielsweise bei Dekorationen wie Gemälden oder Skulpturen in der Praxis anzunehmen sein. Sind jedoch ganz gewichtige Wirtschaftsgüter wie die Praxisräume, das Grundstück oder Fahrzeuge für Hausbesuche Teil des SBV, so wird die Ausnahme im Regelfall nicht greifen. Doch nicht nur aus steuerlichen Erwägungen, sondern schon aus ganz praktischen Gründen sollten Sie bei Ihrer Praxisnachfolge die Dinge im Blick haben, die zum SBV gehören könnten. Denn der Begriff des Betriebsvermögens ist im Steuerrecht weit zu fassen. Auch die eben erwähnten Gemälde und Skulpturen, daneben Einrichtungsgegenstände wie Schreibtische, Aktenschränke oder Sitzmöbel für die Patienten – alles, was vom ausscheidenden Mitunternehmer allein angeschafft wurde, kann zum SBV gehören und sollte dem Nachfolger schon deshalb übertragen werden, um nachträgliche Streitigkeiten zu vermeiden. Wir empfehlen Ihnen daher, alle im Rahmen der Praxisnachfolge zu übertragenden Gegenstände in einem gesonderten Inventarverzeichnis als Anlage zum Praxisübergabevertrag zu dokumentieren und die Gewährleistung für die so übertragenen Wirtschaftsgüter auszuschließen. Das erspart Ihnen und Ihren Kollegen aus der Praxis unnötigen Stress und sichert Sie gegenüber Anfechtungsversuchen des Erwerbers ab.

Fazit zum Sonderbetriebsvermögen: Wir beraten Sie gern

Das Sonderbetriebsvermögen ist trotz seiner erheblichen Relevanz im Steuerrecht eine komplizierte und für Laien schwer zu durchdringende Thematik. Um sämtliche Auswirkungen des SBV durchschauen zu können, die sich dadurch ergebenden Vorteile wahrzunehmen und Gefahren zu entgehen, braucht es Erfahrung und steuerrechtliches Know-how. Bei Ihrer Praxisnachfolge sollten Sie deshalb nicht auf kompetente Beratung verzichten. Paschhoff & Partner kann bei der Beratung im Medizin- und Steuerrecht auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Wir würden uns freuen, Sie bei Ihrer Praxisnachfolge begleiten und unterstützen zu dürfen. Vereinbaren Sie dazu einfach einen persönlichen Beratungstermin in unserer Kanzlei oder in Ihrer Praxis.

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